Warum die Organisationstruktur bei einer Mitarbeiterbefragung nicht aus dem Fokus geraten darf

Herausforderung Organisationsstrukturen: Erwartungsmanagement zwischen Digitalisierung und Maßanfertigung

Herausforderung in Organisationsstrukturen

Warum der richtige Umgang mit der Organisationstruktur bei einer Mitarbeiterbefragung (MAB) so wichtig ist, haben wir in einem früheren Point-of-VIEW-Beitrag bereits behandelt. Dass wir einen weiteren Beitrag zu diesem Thema veröffentlichen, ist der Beobachtung geschuldet, dass Organisationsstrukturen sowohl hinsichtlich ihrer zentralen Bedeutung als auch ihrer prozessualen Herausforderungen zunehmend aus dem Fokus zu geraten scheinen. Als ich vor sieben Jahren zum ersten Mal an der Durchführung einer MAB für ein großes internationales Unternehmen beteiligt war, entfielen auf das Set-up der Organisationsstrukturen etwa ein Viertel der finanziellen und zeitlichen Ressourcen des gesamten Projekts. Auf Seiten des Kunden war ein Heer an HR-Koordinatoren und Survey Coaches damit beschäftigt, Teilstrukturen zu validieren und anzupassen, Mitarbeiter:innen zu verschieben, hinzuzufügen oder auszuschließen, bis schlussendlich die gewünschte Auswertungsstruktur vorlag, entlang derer die Ergebnisberichte erstellt werden sollten.

Chancen und Grenzen technologischer Lösungen

Dass mit zunehmender Frequenz von Befragungen in Organisationen und neuen technologischen Möglichkeiten, Prozesse gestrafft und verkürzt werden, ist naheliegend. Die technischen Möglichkeiten, die Befragungsportale mit ihrem integrativen Ansatz und ihren vielfältigen Schnittstellen bieten, haben die Gestaltung von Feedbacklandschaften, wie wir sie heute kennen, erst möglich gemacht. Die Kernziele des Organisationsstruktur-Prozesses, nämlich die Transformation der Organisationsstruktur in eine Auswertungsstruktur bei gleichzeitiger Wahrung von Datenschutz und Anonymität lösen die Portale aber (noch) nicht.

Den Prozess in den Fokus bringen

Daher gehört es zunehmend zu unseren Aufgaben als durchführende Partner, zuerst einmal den Fokus auf die Bedeutung des Prozesses selbst zu lenken. Vor die Frage „Wie organisiere ich den Organisationsstruktur-Prozess?“ schiebt sich zunehmend die Frage „Warum muss ich das überhaupt tun?“. Das trifft bestimmt nicht auf alle Organisationen zu, die Mitarbeiterbefragungsprogramme durchführen. Aber ihr Anteil scheint zu steigen. Zunehmend treffen wir auf Vorstellungen, in denen der Organisationsstruktur-Prozess ersetzt wird durch das Bild eines regelbasierten Datenflusses von Mitarbeiter- und Struktur-Daten aus den HR-Systemen der Organisation direkt in die Befragungsportale.

Die Herausforderung im Angebotsprozess

Eine besondere Bedeutung kommt dem Angebotsprozess zu. Einerseits bietet die Benennung des Organisationsstruktur-Prozesses als Meilenstein eines erfolgreichen Projektablaufs bereits im Angebot die Chance der Profilierung als qualifizierter Partner und Berater. Andererseits besteht die Gefahr, dass Organisationen, die das Thema nicht im Fokus haben, wenig Bereitschaft zeigen könnten, die damit verbundenen Aufwände und Kosten zu tragen. Wettbewerber, die den Prozess in ihren Angeboten unerwähnt lassen, könnten sich Preisvorteile verschaffen. Gelegentlich drängt sich der Eindruck auf, als Bedenkenträger oder Spielverderber wahrgenommen zu werden, wenn man nicht das Narrativ vom vollautomatisierten Datenfluss erzählt. Im Austarieren dieses Spannungsfeldes zwischen dem Wunsch nach schlanken Prozessen einerseits und den realen Erfordernissen andererseits liegt die Herausforderung. Denn nur basierend auf Prozessen, die auch den Anforderungen einer an den Projektzielen ausgerichteten Organisationsstruktur genügen, lassen sich nachhaltig erfolgreiche Mitarbeiterbefragungen durchführen.